Die Klinik machte auf mich einen chaotischen Eindruck: Ich wurde bei meiner – der Klinik bekannten – Ankunft von niemanden erwartet, ich musste zuvor keinen Fragebogen ausfüllen. Ich gewann den Eindruck, dass man dort schlicht jeden und jede nimmt, Hauptsache, der Rubel rollt. Dazu passt, dass dort die stationären PatientInnen nur zu bereitwillig am Wochenende heimfahren können – der Klinik spart das Kosten, Verantwortung sieht anders aus.
Ebenso scheint dort jede/jeder mit einer medizinischen oder (psycho)therapeutischen Ausbildung arbeiten zu dürfen, die Fluktuation der Mitarbeiter ist hoch. Von dem Arzt, der mich am ersten Tag untersuchen wollte, wusste niemand im Pflegeteam die Fachrichtung – es war schließlich dessen erster Arbeitstag, und man erwartete seine Ankunft noch nach meiner... Genauso beliebig wie das Personal wirkt auch die Gruppe der Patienten, die dort keinen Sitzplatz zugewiesen bekommen beim Essen und für die keine gruppenbildenden Maßnahmen vorgesehen zu sein schienen. Für die Hälfte der Patienten – weit vorwiegend Frauen – war diese Klinik die der Wahl, weil man dort den Hund oder/und das Kind/Kinder mitnehmen kann. Ein anderer Teil glaubt an die Allmacht von (homeopatischen) Kügelchen & Co, und ist daher schon zufrieden, dass dort der "Naturheilkunde" gehuldigt wird.
Ich gehörte zu den (relativ stabilen) Patienten, die sich Sorgen machten, dass bei der schlechten Auf- und Übersicht etwas schief gehen könnte – was, wenn eine Trauma dort aufbricht, jemand den inneren Druck nicht erträgt? Als am zweiten Abend zwei Hunde sich wütend knurrend an der Kehle hingen, direkt neben uns Abendbrot Essenden, und die zarten Frauchen diese kaum auseinander zerren konnten, war meine Geduld am Ende. Die im Internet ergoogelten Vitae meiner Therapeutin, die, wiewohl relativ jung, angab "jede Therapierichtung" zu beherrschen, und eines ominösen "Dr.", der im Pflegeteam arbeitete und so tat, als sei er der (heimliche) Chefarzt, verstärkte meinen Eindruck, dass diese Klinik eher eine Klitsche ist. Dass dieser "Dr." an die Heilkraft des Geistes glaubt nach der Lehre des Bruno Gröning, wie der Mann im Internet veröffentlicht, hat mich nach drei Tagen die Koffer packen lassen. Für mich war der Aufenthalt dort Gift!
1 Kommentar
Ich war zur gleichen Zeit wie Sara99 in der Verus Klinik für Erwachsene (nicht zu verwechseln mit der Schwester Klinik gleichen Namens für Eltern mit Kindern). Ich kann die getroffenen Aussagen, soweit sie mich persönlich betreffen, so bestätigen. Das Konzept der Klinik hat sich seit dem Eigentümer Wechsel geändert und ist an sich "ok" im Sinne von "Stabilisierung". Der Anspruch, eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen, ist mE. aufgrund des Kostendrucks der Krankenkassen in der kürze der Zeit kaum möglich. Deshalb häufen sich wohl die Wiedereinweisungen und weniger deshalb, weil die Qualität der Therapien so außergewöhnlich gut wäre. Die Ruhe von Todtmoos bewirkt, dass man sich erholen kann. Allerdings wohl aber auch, dass freie Stellen nicht zeitnah besetzt werden können. Meine Akut Phase war über Weihnachten / Silvester 22-23, in der wegen Krankheit und Urlaub gefühlt nur eine Notbesetzung an Personal da war. Vorhänge in den Zimmern zur Verdunkelung wurden durch Lamellen ersetzt, durch die man vom für jeden zugänglichen Balkon hindurch sehen kann. Wer andere Kliniken kennt und mit Erfahrung in die Verus kommt, wird sicher Kritikpunkte finden. Alle anderen werden überwiegend wohl mit Begeisterung nach Hause fahren - und wieder kommen.