Meine Erfahrungen im Krankenhaus St. Josef Stift Delmenhorst.
Ich war zwischen August 2005 und Juni 2007 als Assistenzarzt der Inneren Abteilung des oben genannten Krankenhauses tätig und möchte im Folgenden meine Eindrücke schildern.
1. Kollegium:
Der Stellenschlüssel von 1-2-8 wurde nur zeitweise voll ausgeschöpft, was meiner Meinung nach eine Folge des in Deutschland herrschenden Ärztemangels, vor allem Fachärzte in kleineren Städten betreffend, war.
Ich kam als neuer Mitarbeiter nach Absolvierung von 18 Monaten Chirurgie sowie 6 Monaten innerer Medizin hinzu. Die Einarbeitung erfolgte unter Anleitung der dienstälteren Kollegen.
Das Kollegium wies unter den Assistenzärzten eine sehr homogene Altersverteilung auf, ich schätze das Durchschnittsalter der Kollegen auf ca. 30 Jahre.
2. Tätigkeitsfeld:
Zu Anfang (erste drei Wochen) wurde der Schwerpunkt auf die Stationsarbeit gelegt. Es fanden regelmäßige Oberarzt- und Chefarztvisiten statt, welche aufgrund der hohen Arbeitsdichte der Fachärzte die volle Aufmerksamkeit des Assistenten erforderte. Jeder Assistent betreute im Schnitt ca. 12 Patienten. Die Rotation zwischen den verschiedenen Abteilungen (Gastroenterologie, Kardiologie, Intensivstation) erfolgte in unregelmäßigen Abständen abhängig von den Urlaubszeiten der Beschäftigten unter Berücksichtigung der bisher abgeleisteten Abschnitte.
Die Intensivpatienten wurden von der jeweils zuständigen Abteilung betreut, die Ambulanz vom jeweiligen Diensthabenden.
Nach drei Wochen wurde mir vom Chefarzt zu verstehen gegeben, dass meine Kompetenzen betreffend der stat. Patientenversorgung bewiesen seien und er somit mir anbot, in der Funktion tätig zu werden. Des Weiteren wurde ich gefragt, ob ich mich fit genug fühlte, Dienste zu übernehmen.
3. Arbeitszeiten:
Bei guter eigener Arbeitseinteilung konnten die anfallenden Tätigkeiten in der Regelarbeitszeit erfüllt werden. Bei aktiver Teilnahme an der Funktionstätigkeit musste mit einem Überstundenanfall von ca. 60-90 Minuten täglich gerechnet werden. Am Freitag wurde es ermöglicht, gegen 14:30 nach Hause zu gehen. Die Dienstpläne werden von den Assistenten erstellt.
Nach den Diensten musste der eigene Bereich auf Station versorgt werden. Zeitliche Verzögerungen konnten auf der Privatstation auftreten, da die CA-Visite abgewartet werden musste. Bei vollem Stellenplan lag die Dienstbelastung bei ca. 4 Diensten im Monat. Der Diensthabende vom Freitag musste den Sonntag ebenfalls besetzen. Am Wochenende wurden alle neu aufgenommenen Patienten sowie Problempatienten fachärztlich in Anwesenheit des Diensthabenden des Vortages sowie des Diensthabenden eingehend unter ausführlicher Besprechung der Fälle sowie des pathologischen Hintergrundes und Therapiemöglichkeiten visitiert. Es wurde dem Dienst gehabt habenden angeboten, entscheidende sonographische Befunde mit zu erheben. Dies verzögerte das Dienstende am Wochenende um bis zu zwei Stunden
4. Fortbildung:
Der Schwerpunk der Abteilung liegt in der Gastroeneterologie, deren Bandbreite, abgesehen von exotischeren Untersuchungen wie der Push- oder Kapselenteroskopie, komplett abgedeckt wird (Gastro- Coloskopie, Sono- und Endosonographie, ERCP, PEG-Anlagen usw.) Es werden die üblichen nichtinvasiven kardiologischen Untersuchungen angeboten, intensivstationäre Ausbildung findet statt. Eine strukturierte Ausbildung ist von der Initiative der Assistenten abhängig (Erstellung von Funktionsplänen). Die fachärztliche Supervision wird bei voll besetztem Stellenplan lückenlos gewährleistet.
5. Entgelt:
Es wird nach AVR bezahlt. Der Tag nach dem Dienst gilt als Freizeit. Die Umsetzung auf ein Schichtmodell wurde unter aktiver Mithilfe der ärztlichen Leitung gegen die Verwaltung durchgesetzt und war zum Zeitpunkt meines Ausschiedens ausstehend.
6. Persönliches Fazit:
Meine Zeit im St. Josef-Stift endete aufgrund des Ablaufes meines Fortbildungsabschnittes zum FA für Allgemeinmedizin. Hätte ich den FA Innere, vor allem mit Schwerpunkt Gastroenterologie, angestrebt, so hätte ich die volle Fortbildungszeit in Anspruch genommen. Die fachlichte Kompetenz des CA kann meiner Meinung nach nicht in Zweifel gezogen werden. Wer Medizin nicht nur anhand von Leitlinien sondern anhand der naturwissenschaftlichen Grundlagen lernen will, ist gut beraten, ein paar Jahre am St. Josef Stift zu verbringen. Anders als an vielen Häusern wird das eigenständige Denken gefördert. Das der CA das letzte Wort hat, sollte jenseits jeglicher Diskussion liegen. Dr. Papes Kompetenz abseits seines Fachgebietes, seine Fähigkeit, zu fast jedem Gebiet der Medizin Erläuterungen geben zu können, erstaunte mich immer wieder. Ich hätte mir zeitlich intensivere Visiten gewünscht, welche aufgrund der Arbeitsdichte jedoch schwer umzusetzen waren, was nicht heißen soll, das oberflächlich gearbeitet wurde. Die übrige fachärztliche Supervison war stets zuverlässig (Unter den zuletzt tätigen Oberärzten), die OÄ für Fragen jederzeit zugänglich. Die Initiative sollte jedoch vom Assistenzarzt ausgehen, was ich jedoch für selbstverständlich halte. Um aktiv an der Funktionsfortbildung teilhaben zu können, muß gezeigt werden, dass die „Basics“ beherrscht werden (Stationsarbeit). Das Stationsarbeit und Funktion nicht in der Regelarbeitszeit stattfinden können, sollte jedem Mediziner klar sein. Was die Qualität dessen angeht, was man lernen kann, erreicht die innere Abteilung des St. Josef Stift ohne Probleme universitäres Niveau.
Ich habe in Kiel studiert, mein PJ in drei verschiedenen Krankenhäusern aller Größenordnung abgeleistet, u.a. in der Schweiz, habe im St. Michals Hospital in Toronto gearbeitet, mein AIP in der Nähe von Tübingen und meine ersten internistischen Erfahrungen in der Nähe von Freiburg gesammelt. Sicherlich gibt es Kritikpunkte am St. Josef Stift (Wir mussten z.T. Akten heften, weil die Pflege es nicht als Ihre Aufgabe (trotz Stationssekretärin) betrachtete, es gab Beissereien zwischen den Abteilungen, für meinen Geschmack hätte die interdisziplinäre Zusammenarbeit besser gestalten werden können sowie die Rotation besser geregelt werden können. Ich jedoch für meinen Teil habe an keinem anderen Krankenhaus so gute, fundierte Medizin kennengelernt. Und dass der CA verlangt, dass die Grundlagen beherrscht werden, bevor Gummischläuche in Körperöffnungen von Patienten geschoben werden ist mehr als verständlich (Wer nicht weiß, was die Z-Linie ist, hat am Gastroskop nichts verloren) und wer erwartet, dass Medizin um 8 Uhr anfängt um um 16:30 endet ist realitätsfremd. Und dass es bei einem fehlenden OA mit der Fortbildung manchmal nicht so toll klappt, kann auch als verständlich angesehen werden. Personelle Engpässe hatte mit Nichten der CA zu verantworten. Zum Zeitpunkt meines Ausscheidens war bereits seit ca. 3 Monaten bekannt, das mind. zwei Kollegen aufhören. Eine Anzeige im DÄ erfolgte erst drei Wochen vor dem Stichtag, dies lag nicht im Ermessensspielraum des CA.
Ich kann jedem Mediziner mit dem Ziel eines FA Allgemein- oder Innere Medizin die Ausbildung bei Dr. Pape nur empfehlen. Wer näheres erfahren möchte, kann sich gerne an mich wenden. dinescu@gmx.de
Andrei Dinescu
3 Kommentare
Hallo,
Ihre Angehörigen waren klasse. Sie haben sie nämlich schlauerweise in einer anderen Klink gebracht.
Das Beste was sie tun konnten. Gratulation !
Ihnen noch, weitere schöne Jahre bester Gesundheit !!!