Dies ist ein rein persönlicher Erfahrungsbericht:
Im Januar 2008 wurde meinem Mann (Magenkarzinom im Endstadium) nach vorausgegangener OP im Rechts der Isar (München) ein "Reha-Aufenthalt" in Bad Trissl bewilligt.
Ebenso wurde mein Aufenthalt als Begleitperson für die Reha meines Mannes genehmigt und Kostenübernahme zugesagt, worüber wir uns sehr gefreut haben. Mein Mann konnte zu diesem Zeitpunkt nur noch durch ein Katheter, welcher direkt in den Darm gelegt war, ernährt werden.
Der Transport (unseres Wissens von der Klinik in Bad Trissl organisiert) erfolgte nicht mit Krankenwagen sondern zusammen mit einer weiteren Patientin in einem „Liegendtaxi“…- ohne Arzt und Versorgung. Meinem Mann mussten vorab ausreichend Schmerz- und Beruhigungsmittel verabreicht werden, da es sich bei dem Fahrer um einen normalen Taxifahrer handelte, der im Notfall keine Medikamente geben darf.
Die Aufnahme in Bad Trissl verlief recht zügig - schönes Hotel-Ambiente! - und wir wurden in ein leeres 2-Bett-Krankenzimmer der Akut-Station gebracht. Nach etwa 1 Stunde erschien endlich eine Schwester, die meinen Mann fragte, ob er etwas essen wolle. Anscheinend war weder über seine Diagnose noch über seinen Zustand irgendeine Information auf dieser Station angekommen.
Mein Mann benötigte zu diesem Zeitpunkt dringendst Schmerzmittel und es ging ihm sehr schlecht. Die Medikation befand sich noch ungelesen am Empfang, hier hatte keiner eine Ahnung, was für ein Patient erwartet wurde.
Beim Anblick des Gallenkatherters meinte die Schwester: “Oh, ein Gallenkatheter, das habe ich ja noch nie gesehen!“ – was unsere Sorge spontan verstärkte.
3 (!) Stunden später erschien endlich ein Arzt – meinem Mann ging es bereits noch viel schlechter und er bekam richtig Angst, vor allem, als der Arzt verlauten lies, dass auch er die Medikation noch nicht gesehen habe, aber auf jeden Fall „Schmerzfreiheit“ zusagte.
Ebenso stellte er eine Menge Untersuchungen in der nächsten Woche in Aussicht, denn jetzt sei erstmal Wochenende. Es stellte sich heraus, dass auf der Station nur 2 Schwestern für mehr als 20 Zimmer zuständig sind, nachts sogar nur 1! Ein Arzt ist am Wochenende zuständig für die ganze Klinik.
Darüber hinaus wurde mir kein Bett im Zimmer meines Mannes bewilligt, lediglich ein Zimmer auf einer anderen Etage, für das ich auch noch € 60,- pro Tag zuzahlen sollte. Ich habe mir alternativ eine Ferienwohnung in der Nähe gebucht.
Die Schwestern bemühten sich herzlich, waren jedoch gnadenlos unterbesetzt und somit überfordert, die Betreuung war miserabel: Das ganze Kathetersystem beruhte auf einem veralteten System, teilweise passten die Anschlußstücke nicht, die Infusionspumpe war ebenfalls veraltet und schaltete sich ständig aus, Tablettenzerkleinerer zur Zufuhr der Medikamente durch den Katheter kannte man hier überhaupt nicht. Da alles mit dem Mörser zerstampft wurde, war in kürzester Zeit der Zugang zum Darm meines Mannes völlig verstopft.
Die Verband- und Wundversorgung und Säuberung war aus Zeitmangel und Nichtwissen einfach schlampig, teilweise wurde der Katheter mit Tee (!) gespült, was zu weiteren Verstopfungen führte.
Meinem Mann ging es zusehends schlechter, er hatte vermehrt Wasser in den Beinen und ich hatte Angst, dass er beim Toilettengang im Bad stürzen könne und dies keiner merkt.
Die nächsten Tage verliefen ähnlich, mein Mann hatte starke Schmerzen und wirkte zunehmend apathisch – es wurden ihm wohl Psychopharmaka zur Ruhigstellung verabreicht. Bei Nachfrage bekamen wir hierzu keine Auskunft. Er schlief immer wieder ein und war auch im Wachzustand kaum ansprechbar. Zwischendurch war es ihm selber unheimlich und er fragte „Was passiert hier eigentlich mit mir?“ So war er natürlich weniger anstrengend für das „ganzheitlich und menschlich arbeitende Kompetenzteam“.
Eine Physiotherapeutin für eine Lymphdrainage war am Wochenende nicht im Hause, die Beine meines Mannes wurden immer dicker. Meine Versuche, dies selber zu bewerkstelligen, blieben relativ erfolglos.
Ich wollte meinen Mann nachts nicht weiterhin alleine lassen und habe mich mit meinem Bettzeug aus der FeWo vor sein Bett auf den Fußboden gelegt, was ihn sehr beruhigt hat.
Eine Nachtschwester, die mich nicht vertreiben konnte, hat mir dann freundlicherweise eine Art Klappliege zur Verfügung gestellt.
Am 30.1. hatten wir dann (endlich) das Gespräch mit Chefarzt und dem Stationsarzt. Das dauerte nicht lange und war recht deutlich: Mein Mann durfte sich die Art der Chemo aussuchen: entweder, er ist mutig und traut sich an eine „harte“ Variante, dann könnte er eventuell seine Lebenszeit noch etwas verlängern oder aber er nimmt etwas „Zartes“ (Originalton), was seinen Allgemeinzustand vielleicht etwas verbessern wird (nicht allzu starke Nebenwirkungen vorausgesetzt). Wenn er nichts machen lässt, geht’s dahin…
Bis zum Abend, spätestens nächsten Morgen sollten wir uns entscheiden.
Wir haben unsägliche Angst verspürt, weiter in dieser Klinik zu bleiben. Wir wußten beide, dass meinem Mann nicht mehr zu helfen ist, empfanden diese Vorschläge jedoch als unnötige Zusatz-Quälerei.
Mit viel Glück konnten wir ein Bett für meinen Mann in der Palliativstation der Barmherzigen Brüder in München organisieren. Ich habe die Entscheidung, dass mein Mann keine Chemo machen werde und diese Klinik verlassen will, umgehend dem Stationsarzt mitgeteilt, der bei der Organisation des Transportes (diesmal in einem Sanka mit Betreuung) gut organisierte.
Am nächsten Tag kam mein Mann in München auf die Palliativstation in ein wunderschönes Zimmer – mit Extrabett für mich und fand innerhalb von Stunden seine Würde wieder. Dass sein Weg schon bald zu Ende sein würde, ahnten wir. Wieviel Hilfe und Menschlichkeit uns hier zuteil wurde, war nach den Erlebnissen in Bad Trissl wie ein Geschenk.
Er durfte dort in Frieden sterben und ich konnte an seiner Seite sein.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass mir die Klinik in Bad Trissl wie eine aufgepustete Verwahranstalt erscheint (nach außen wie eine Art Wellnesshotel präsentiert), die ihr Geld hauptsächlich mit reichen Russen und Arabern macht, die sich dort in den Luxussuiten einmieten und sicherlich hervorragend betreut werden. Die anderen Stationen sind bestenfalls geeignet für Patienten, die sich um ihr Wohl hauptsächlich selber kümmern können (müssen!) und keinesfalls für todkranke Menschen, die der „rund-um-die-Uhr“-Pflege bedürfen.
Sicherlich ist die Klinik nicht am Tode meines Mannes schuld, dessen Sterben unabwendbar war. Ihm aber in seinen letzten Tagen Pflege und Versorgung dermaßen ungenügend entgegenzubringen ist in meinen Augen unverantwortlich
Ich musste meinem Mann versprechen, diesen Bericht zu verfassen, um andere Patienten vielleicht schützen/warnen zu können.
Bisher hatte ich noch nicht die Kraft dazu -
die Bewertung vom Angehörigen "118" hat mich jedoch beeindruckt (weil ähnlich) und motiviert. "Ich habe fertig"...
1 Kommentar
Sehr geehrte Frau "Takl",
der Sachverhalt würde eingehend geprüft, glücklicherweise ist ihre Darstellung weitgehend unzutreffend.
Einzig zutreffend ist, dass bei hoher Infektionsgefahr, zumal auf einer onkologischen Station mit hoch gefährdeten Patienten (Delta war aktuell, noch keine Impfung), eine Isolation im Zimmer (inkl. Essen/ Trinken/ telefonischer psychologischer Begleitung) stattfinden musste.
Ihre Betroffenheit kann ich, das Unverständnis und einhergehend mangelnde Bereitschaft kann ich persönlich nicht nachvollziehen.
Wir alle waren und sind auch dem Schutz der Anderen verpflichtet.
Das Sie dies in Wort und Tat ihrerseits als Unzumutbar sahen und sehen kann und will ich nicht kommentieren.